Im Oktober 2006 hat die SYNAXON sich auf den Weg gemacht, zu einem Unternehmen 2.0 zu werden. Der Startpunkt war ein Unternehmenswiki, welches 2 Besonderheiten aufweist:
- Jeder kann alles sehen: Es gibt seit der Einführung der Wikis nur noch sehr wenige Informationen, die nicht für alle Mitarbeiter sichtbar sind. Dazu gehören z.B. noch Gehaltsinformationen und ausgefüllte Mitarbeiterbewertungsbögen. über 95% der im Unternehmen verfügbaren Informationen sind für jeden Mitarbeiter einsehbar. Dazu gehören auch alle Projekte und strategischen Geschäftspläne.
- Jeder kann alles ändern und die Änderung gilt ohne weitere Freigabe sofort. Das gilt auch für alle Prozessbeschreibungen und Unternehmensregeln.
Vor allem der 2. Punkt ist unseres Wissens bislang von keinem anderen Unternehmen kopiert worden. Zu groß scheint die Angst vor Missbrauch.
Wir haben bislang ausschließlich gute Erfahrungen damit gemacht. Ein Auszug aus unserer Wiki-Statistik von heute:
Es gibt insgesamt 24.624 Seiten in der Datenbank.
Insgesamt gab es 47.975.655 Seitenabrufe und 158.230 Seitenbearbeitungen seit SynaxonWiki eingerichtet wurde. Daraus ergeben sich 6,43 Bearbeitungen pro Seite und 303,20 Seitenabrufe pro Bearbeitung.
Fakt ist, dass es seit der Einführung keinen einzigen Missbrauchfall gegeben hat. Das Wiki ist das zentrale Informations- und Arbeitsinstrument der SYNAXON geworden. Es hat über 200 wichtige Änderungen von Unternehmensregeln gegeben. Auch hier wurde nicht eine einzige Änderung wieder zurück genommen. Es gab einen Fall, wo ein Kollege die Kosten für Hotelübernachtungen im Außendienst nach oben angepasst hat. Diese Änderung wurde von einem Vorstand modifiziert. Dennoch blieb es dabei, dass es danach die Möglichkeit gab, höhere Kosten als vorher abrechnen zu können. Es hat zum Teil erhebliche Anpassungen von wirtschaftlich sehr bedeutsamen Regeln und Prozessen durch Mitarbeiter gegeben, die keine Führungskräfte sind.
Jeden Tag gibt es mehr im Schnitt mehr als 300 Änderungen im Wiki.
Die wichtigsten Effekte des Wikis:
- Der Informationsstand aller Mitarbeiter ist viel besser als vorher
- Die wesentlichen Unternehmensdokumente sind immer aktuell
- Führungskräfte sind von unsinnigen Entscheidungen befreit, die heute an der Stelle getroffen werden, wo die Fachkompetenz sitzt.
- Die Produktion von Wissen und Innovation hat sich von der klassischen Hierarchie abgelöst. Es sind viel mehr Mitarbeiter als vorher an der Produktion und Innovation beteiligt.
Aus meiner Sicht interessant ist, dass es keine einheitliche Wahrnehmung der neuen Möglichkeiten der Partizipation gibt. Diese werden noch nicht flächendeckend von allem Mitarbeitern in ihrer ganzen Breite erkannt oder geglaubt. Dies ist unter anderem ein Ergebnis der Trimesterarbeit von Mario Günnewig. Er studiert an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld und hat in Kooperation mit uns den Einsatz von Wikis in Unternehmen an unserem Beispiel untersucht. Diese Arbeit kann hier nachgelesen werden (Sie steht unter Copyright des Verfassers).
Das Merkwürdige ist hier, dass die Möglichkeiten zwar in einem großen Maße täglich genutzt, aber nicht als solche wahrgenommen werden.
Wir haben in der Zwischenzeit weitere Wikis für unterschiedliche Zielgruppen und Zwecke eingerichtet. Hier fällt vor allem das PC-SPEZIALIST Partner Wiki auf. Hier können die Mitarbeiter der SYNAXON, alle Franchisenehmer und deren Mitarbeiter zugreifen. Auch dieses Wiki funktioniert sehr gut.
Nach dem erfolgreichen Start der Wikis wurden weitere Web 2.0 Applikationen in unser Unternehmen integriert. Der nächste Schritt war, dass wir unser zentral zu bedienendes Content Management System für unsere Internetseite synaxon.de gegen ein deutlich einfacheres ausgetauscht haben. Wir haben uns hier für phpwcms entschieden. Hierbei handelt es sich um ein Open Source Projekt und dieses System kann von jedem nach einer 5-minütigen Einweisung bedient werden. Auch hier ist der gleiche Effekt wie bei den Wikis eingetreten. Dadurch, dass nun jeder die Möglichkeit hat, die Internetseiten ohne weitere Rücksprache sofort zu ändern, haben wir nun einen deutlich interessanteren und vor allem aktuelleren Internetauftritt als vorher. Hier gibt es zwar nun keinen einheitlichen Firmensprachgebrauch, keine einheitliche Struktur und Desig mehr, diese vermeintlichen Nachteile nehmen wir aber gerne in Kauf. Dieses CMS wurde mittlerweile auf andere Internetauftritte des Unternehmens ausgeweitet.
Der nächste Schritt war die Einführung von Blogs. Diese wurden sowohl als Blogs für den internen Gebrauch als auch als öffentliche Blogs, wie dieses hier eingeführt.
Auch unsere Blogs werden langsam zu einem Erfolgsmodell. Wir haben in den letzten 18 Monaten mehr als 1.300 externe, öffentlich lesbare Blogeinträge geschrieben.
Unser PC-SPEZIALIST Partner bloggen mittlerweile auch in großer Anzahl und es wird langsam zu einem monetär messbaren Erfolgsmodell. Mindestens 10 unserer Partner sind durch die Bloggerei mittlerweile zu den wichtigsten Schlüsselwörtern in Google auffindbar, ohne dafür zahlen zu müssen.
Natürlich hat nicht alles funktioniert, was wir im Bereich Enterprise 2.0 angefangen haben. Second Life hat sich beispielsweise als Sackgasse erwiesen.Die technischen Anforderungen sind einfach für den Firmeneinsatz noch zu hoch. Nicht nur, dass man Rechner mit erheblichen 3D-Grafik-Leistungen benötigt. Wenn alle Kollegen gleichzeitig in Second Life arbeiten würden, würde unser Netz einfach kollabieren. Zu groß ist die Anforderung an die Bandbreite. Übrig geblieben ist davon nur noch ein privates Projekt: Das Gottfried Helnwein Museum.
Instant Messenging mit Jabber hingegen kann man als Erfolg buchen.Im Gegensatz zu Skype stört Jabber nicht unser EGIS und ist durch die quelloffenheit erheblich flexibler. Wenn auch der von uns genutzte Client Spark sicher noch nicht das Optimum darstellt. Er ist gerade in Verbindung mit VPN nicht so stabil, wie er sein sollte. Hier sind wir über Hinweise auf bessere Clients sehr dankbar.
Wir werden in den nächsten Jahren weitere deutliche Schritte unternehmen, um uns näher an das Unternehmensleitbild heran zu bewegen. Hier werden vor allem die Social Network Themen im Vordergrund stehen. Hierbei geht es in erster Linie um die Identifizierung und Vermarktung von Wissen. Aber es geht auch um die weitere Virtualisierung von Arbeit und die damit verbundene Loslösung von fester Infrastruktur. Solange erfolgreiche Zusammenarbeit an persönliche Kontakte und vor allem an die Anwesenheit der Beteiligten in einem Gebäude geknüpft ist, werden wir sehr wertvolle Netzwerkeffekte nicht realisieren können. Das Schlagwort „Mass Collaboration“ aus unserem Leitbild ist so nicht zu erreichen. Es handelt sich aber um ein lohnenswertes Ziel, da wir unsere eigenen Ressourcen erheblich erweitern könnte, wenn wir diese Fesseln sprengen.
EGIS Community wird dieses Jahr weitere Fortschritte in diese Richtung machen.
Es ist leider momentan offensichtlich, dass unsere bisherigen Werkzeuge am Besten funktionieren, wenn sie von Menschen innerhalb unserer Gebäudemauern genutzt werden. Ich glaube erstens das dies nicht gut ist und zweitens, dass wir dies zum Nutzen aller Beteiligten ändern können.
Es gibt sehr eindrucksvolle Beispiele von denen wir lernen können. Eins ist die Organisation von Open Source Projekten, hier vor allem Ubuntu. Hier wird mit tausenden weltweit verstreuten Entwicklern auch kommerziell erfolgreich gearbeitet. Ubuntu hat mittlerweile mehr als 25 Mio. Installationen und ist nennenswerter wirtschaftlicher Faktor geworden. In diesem Projekt wurden meiner Meinung nach Maßstäbe in der Zusammenarbeit gesetzt, die auch auf uns übertragbar sind. Ein wesentlicher Unterschied zu uns ist bei Ubuntu, dass nichtöffentliche Kommunikation unerwünscht ist. Das ist heute noch weit entfernt von unserer Art zu arbeiten.
Bei uns ist die öffentliche Kommunikation die Ausnahme. Die Regel sind trotz aller Wikisierung immer noch Abstimmungen in Besprechungen, die bestenfalls auszugsweise als Protokoll nachträglich ins Wiki gestellt werden. Daraus folgt, dass eigentlich nur Mitarbeiter im Standort Bielefeld immer Top informiert sind. In unserem alten Leitbild habe ich mal diesen Effekt als Unternehmensautismus beschrieben. Wir haben hier mittlerweile erhebliche Fortschritte zu damals gemacht, sind aber weit hinter dem Möglichen geblieben.
Wir haben Projekte bei SYNAXON, in welchem bereits mit lokal verstreuten Ressourcen gearbeitet wird, die teilweise nicht einmal Mitarbeiter der SYNAXON sind. Eins davon ist snippr. Wir werden in diesem Projekt mit neuen Techniken experimentieren, die uns weiter in Richtung Enterprise 2.0 bringen sollen. Wir werden versuchen, den Ansatz der möglichst offenen Projektabstimmungen umzusetzen. Das wird in nächstem Jahr einerseits durch den nochmal verstärkten Einsatz von Jabber geschehen. Wir werden aber auch die Technik des Mikrobloggings ausprobieren. Im Umfeld der netzöffentlichen Kommunikation hat hier die Plattform Twitter Maßstäbe gesetzt. Soweit, dass wir weltöffentlich wahrnehmbar arbeiten, wollen wir in der Projektsteuerung zunächst nicht gehen. Der erste Schritt wird zunächst firmenöffentlich unter Einbindung Externer sein. Sollte sich das bewähren, werden wir im nächsten Schritt unsere SYNAXON Partner (im Schwerpunkt PC-SPEZIALIST) mit einbinden.
Wir testen eine für den gewerblichen Bereich optimierte Mikroblogging Plattform, die wir nun eine Zeit lang ausprobieren wollen. Es handelt sich um Yammer.
Die Idee dahinter ist, dass man immer sehr kurz mitteilt, an was man gerade arbeitet. Ich muss gestehen, dass mir auch ein paar Monate lang nicht klar war, was das denn bringen soll. Ich habe allerdings in den letzten Wochen so viele begeisterte Berichte über Mikroblogging gelesen, dass ich mich dazu durchgerungen habe, es auch selber zu testen.
Die Abgrenzung zu dem bereits intensiv genutzten Instant Messenging mit Jabber ist, dass es nicht in erster Linie dazu dient, sich kurz zu bestimmten Themen abzustimmen, dazu soll auch weiterhin Jabber genutzt werden.
Es sollen positive Effekte dadurch erzielt werden, dass alle Teambeteiligten wissen, woran die anderen gerade arbeiten. Ich kann bereits nach einem kurzen Test auf Twitter und Yammer bestätigen, dass dies enorm bei Leuten hilft, die nicht in einem Gebäude sitzen.Wer mich auf auf Twitter verfolgen möchte kann das hier tun.
Yammer bietet den Vorteil, dass ich im Gegensatz zu Twitter Gruppen bilden kann. Es macht für uns überhaupt keinen Sinn, die Yammer Profilfunktionen zu nutzen. Die sind bei uns führend in EGIS Community abgebildet. Sollte sich in den nächsten Wochen herausstellen, dass Mikroblogging einen erheblichen Nutzen bietet, könnten wir darüber nachdenken, die doch eher simplen Funktionen in EGIS Community und snippr nachzubilden oder einfach Yammer und Twitter für uns zu nutzen.
Als Zwischenfazit können wir heute sagen, dass bis auf Second Life alle bislang eingeführten Web 2.0 Applikationen im Unternehmenseinsatz ein voller Erfolg waren. Dies ermutigt uns, weiter in diese Richtung zu forschen und zu investieren.
Ich selber kann heute feststellen, dass Enterprise 2.0 nicht nur viel nützt, sondern auch eine Menge Spass macht. Dies ist deutlich in meinen vielfältigen Enterprise 2.0 Aktivitäten in meinem Internetprofil sichtbar.
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