Beim Werbeblogger macht sich Jay Martin Gedanken darüber, warum in der Werbung immer noch überwiegend Männer als Zielgruppe angesprochen werden, obwohl sich die Frauenrolle mittlerweile komplett gewandelt hat:
„Was ich nicht verstehe ist, warum auf diese Weise immer wieder professionell dafür gesorgt wird, daß gerade auf den teuersten Kommunikationskanälen immense Mengen potentieller Kunden aus der Zielgruppe ausgeschlossen werden. Frauen fliegen mit dem Flugzeug. Frauen fliegen Flugzeuge. Frauen trinken Bier. Frauen besitzen Autos. Und so weiter. Wir reden hier nicht von Nischenprodukten, für die sich vielleicht argumentieren ließe, daß nur wenige Menschen (Kerle) sich dafür interessieren. Aber selbst bei Nischenprodukten gilt: Ein paar Prozent von vielen Millionen sind immer noch ein paar Millionen. An potentiellen Kunden. An potentiellem Umsatz.“
Meiner Erfahrung nach ist die Werbebranche in ihrem Output zwar kreativ und innovativ – in der strategischen Ausrichtung aber konservativ (um mal bei den -ivs zu bleiben). Ich glaube die Angst davor, sich aus der sicheren Zone heraus zu bewegen und die gewohnten, bewährten Pfade zu verlassen ist riesig.
Ich kann mir gut vorstellen, daß sich die Agenturen denken – bevor wir die männliche Zielgruppe verärgern könnten, schließen wir lieber die weibliche weiter aus (bzw. beachten sie weniger). Das ist nichts neues und hat die letzten 50 Jahre gut funkitoniert.
Witzigerweise wird es umgekehrt allerdings gemacht – anders läßt sich für mich das Phänomen Coke Zero nicht erklären. Da hat Coca Cola eine Marke aufgebaut die vom Design und der Kommunikation her voll auf die männliche Zielgruppe ausgerichtet ist.
Das eigentliche Produkt aber nahezu identisch mit der ewig etablierten Coke Light ist.
Das Problem war nur – Männer verbanden mit Coke Light eine Diät / Frauenbrause und wollten nach öffnen der Flasche nicht sofort einen halbnackten Bauarbeiter im Büro stehen haben, wie es die Spots suggeriert haben.
Also wurde eine neue Marke aus dem Boden gestampft und ein Typ surfend auf den Bus gestellt, bzw. im Folgespot von einer hübschen Blondine per Heli aus dem Drug-Store und der unangenehmen „Wie läuft’s so“-Situation mit der Ex befreit.
Superheldenmäßig versteht sich.
Umgekehrt wird eine Biermarke wie Heineken, auf die sich Martin im Posting bezieht, wohl kaum plötzlich eine – rein auf die Damenwelt bezogene – Kampagne starten, da sie die Gefahr, sich die Stammkundschaft zu vergraulen zu hoch ist. Eher würde da vermutlich eine Ladies-Line geschaffen.
Was allerdings wiederum mit erheblichen Kosten verbunden wäre:
* Rezeptur verändern
* Marke aufbauen
* andere Etiketten drucken
* neue Spots drehen
* zusätziche Werbeslots buchen
usw.
Also wird alles beim alten, 50er Jahre Rollenschema belassen, bis sich endlich mal einer traut oder die eine Kundengruppe (und damit auch das Risiko) wegbricht und die andere erschlossen werden muss.
Die Entscheider sitzen mMn aber nicht in den Agenturen, sondern bei den Kunden, die entsprechende Vorgaben machen.
Was meint die Leserschaft hier denn dazu?
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